Pfarrkirche St. Oswald in Heudorf
Von der Kapelle zur Pfarrkirche
Die Geschichte der Heudorfer Pfarrkirche ist eng mit der freiherrlichen Familie von Stotzingen verbunden. Diese erwarb im Jahre 1471 die Herrschaft Heudorf von den Herren von Hornstein. Bis zum Verkauf der Herrschaft an das Haus Thurn und Taxis 1790, bestimmten sie über 300 Jahre lang die Geschicke in Heudorf. Nach heute ist das Wappen derer von Stotzingen im Ortswappen zu finden.
Schon vor ältester Zeit stand Richtung Riedlingen eine Kapelle, die dem Hl. Oswald geweiht war. Bereits zu Beginn der Stotzinger Herrschaft im Jahre 1508 wurde mit Bewilligung des Domkapitels von Konstanz diese Kapelle abgebrochen und beim Schloss, am heutigen Standort der Pfarrkirche, als Schlosskapelle wieder aufgebaut. Das Gebäude fügt sich wunderbar ins Schlossensemble ein. Im gleichen Jahr wurde durch die Familie von Stotzingen eine Schlosskaplanei gestiftet und mit dem notwendigen Kapital ausgestattet.
Schon 1626 wurde die zu klein und baufällig gewordene Kapelle unter der Herrschaft von Hans Wilhelm von Stotzingen zu einer größeren Kapelle umgebaut. Im gleichen Jahr am 30. Juli 1626 wurde die Kirche durch den Weihbischof Johann Anton Tritt de Widde eingeweiht. Den Charakter einer Kapelle hat die Kirche nie verloren. Besonders sichtbar ist dies an einer fehlenden Abgrenzung des Chorraumes. Erst im Jahre 1811 wurde mit Zustimmung des Königs von Württemberg Heudorf zur Pfarrei erhoben. Das bis dahin als Kapelle betitelte Gotteshaus wurde nun zur Pfarrkirche.
Die Heudorfer Pfarrkirche besticht durch ihre Schönheit und Einfachheit von Innen. Sie besitzt einen schönen hellen und freundlichen Innenraum. Das Innere der Pfarrkirche ist mit einer wunderschönen Stuckdecke aus dem Jahre 1728 geziert. Die Decke ist gesäumt von zartrankendem Stuckwerk mit pflanzlichen Motiven. Sie wird von zwei großen Deckengemälden beherrscht (Anbetung der Weisen und Krönung Mariens im Himmel). Neben der reichen Stuckdecke besitzt die Kirche ein weiteres gemaltes Schmuckstück, nämlich die Bildnisse der 14 Nothelfer an der Emporenbrüstung. Diese Bilder stammen aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts.
Neben einer ganzen Reihe von Kostbarkeiten ist besonders die wertvolle Beweinungsgruppe zu nennen, die um 1500 hergestellt wurde. Mit großer Wahrscheinlichkeit stammt dieses Kunstwerk aus dem Umkreis des Ulmer Bildhauers Nikolaus Weckmann (1456 – 1527). Diese Beweinungsgruppe ist das älteste Kunstwerk der Heudorfer Pfarrkirche.
Wertvolle Beweinungsgruppe an der Nordwand des Kirchenschiffes (um 1500)
Vielen ist unbekannt, dass die Kirche eine Reliquie des hl. Fidelis besitzt, welche in einer Wandnische im Übergang zum Chor eingelassen ist. Die Strahlenmonstranz ist aus dem 18. Jahrhundert. Der hl. Fidelis, mit bürgerlichem Namen Markus Roy, stammte aus Sigmaringen und starb als Kapuziner 1622 den Märtyrertod im Schweizer Seewis. Diese Reliquie erinnert an die lebenslange Freundschaft zwischen dem hl. Fidelis und Hans Wilhelm von Stotzingen. Der hl. Fidelis machte mit dem jungen Hans Wilhelm Anfang des 17. Jahrhunderts eine mehrjährige Kavalierstour durch Europa. Aufgrund dieser Freundschaft darf davon ausgegangen werden, dass der hl. Fidelis mehrmals auch Heudorf besuchte und im Schloss verweilte.
Reliquie des hl. Fidelis
Neben diesen sichtbaren Zeugnissen im Kirchenraum soll zuletzt noch die 1748 in Konstanz durch Leonhard Rosenlecher gegossene Oswaldglocke erwähnt werden. Sie ist ein wahres Kunstwerk und ist als solches im Deutschen Glockenatlas eingetragen. Die rund 10 Zentner schwere Glocke hängt an 6 mit Fratzengesichtern gezeichneten Haken. Auf ihr sind mehrere Bildnisse zu finden, u.a. der hl. Oswald mit Krone, Zepter, Hermelinkragen, Halskette und Kreuz sowie das große Wappen der Familie von Stotzingen. Bemerkenswert ist die Inschrift: „Da Frid in gantz Europa ware war auch zugleich mein Neygeburt und wird genand S Oswald Glock Mein Thon zerstoerth all Satans Rott.“ Die Glocke wurde an beiden Weltkriegen abgenommen und kehrte jedes Mal wieder nach Heudorf zurück.
Die außergewöhnliche Oswaldglocke aus dem Jahr 1748