Pfarrkirche St. Lambertus in Binzwangen

Neugotik mit prachtvoller Aussicht

Wer draußen vor der Kirche steht, lässt unweigerlich seinen Blick nach Süden wandern, wo sich das an dieser Stelle etwa 4 Kilometer breite Donautal in weiten Flächen erstreckt – soweit das Auge reicht. Tritt man jedoch in die Kirche ein, betritt man die Welt des 19. Jahrhunderts, die Welt des Historismus, in dem alte Architekturstile einen zweiten Frühling erlebten. In diesem Falle war es der Stil der Neugotik.

Eine Kirche wurde in Binzwangen erstmals 1269 erwähnt. Sie war dem heiligen Lambrecht geweiht. Diese Kirche stand unterhalb der heutigen auf dem jetzigen Friedhof. 1850 wurde die baufällig gewordene Kirche abgerissen. Vorausgegangen war ein jahrelanger Streit mit Königreich Württemberg über die Zuständigkeit für die Baulast der Kirche. Der Streit führte bis vor die Nationalversammlung in Frankfurt und verpflichtete schließlich das Königreich den Großteil der Kosten des Neubaus zu übernehmen. In den Jahren 1852 – 1854 wurde oberhalb der alten Kirche die neue unter der Regie des Ravensburger Baumeisters und Architekten Pfeilsticker im neugotischen Stil erstellt. Die Einweihung erfolgte im Jahre 1856. Sie wurde dem heiligen Lambertus (alter Name Lambrecht) geweiht, der um 700 n.Chr. Bischof von Maastricht war. Die Figur des Kirchenpatrons, eine Unbefleckte Empfängnis, ein spätbarocker St. Sebastian und ein Johannes Baptista wurden aus dem früheren Bau in die neue Kirche übernommen. Zwei Gemälde aus dem Jahr 1800 stammen aus dem früheren Sommersitz der Äbtissin des Klosters Heiligkreuztal und späteren Pfarrhaus. Die ersten Glocken kamen von der alten Kirche. Eine aus dem Jahr 1505 hat die Zeit überdauert und erklingt heute als Wetter – und Angelusglocke. Die jetzige Orgel ist die Dritte seit dem Bau der Kirche und wurde 1971 installiert. In den Jahren 1951 – 1955 erfuhr die Kirche im Innenraum eine grundlegende Renovation. Die bemalten Innenwände wurden weiß überstrichen, die Seitenaltäre und der Hochaltar umgestaltet, die Decke abgehängt und eine neue Kanzel und neue Bänke eingebaut. 1977 erfolgte eine Außenrenovation, 1981/82 und 1996/97 Innenrenovationen, bei denen die Kirche farblich neu gestaltet, neue Bänke eingebracht und der Chorraum der neuen Liturgie entsprechend verändert wurde.

Die Binzwanger Sakramentsfahne (Vorder- und Rückseite) zur Ehre des heiligen Altarsakraments – der Eucharistie

Die Geschichte der Sakramentsfahne

Aus dem Jahre 1348 wird von einem Raub- und Kircheneinbruch berichtet, bei welchem der Speisekelch samt den konsekrierten Hostien geraubt wurde. Die Diebe schütteten die heiligen Hostien zur öffentlichen Verunehrung auf der Erde, unweit der damaligen Donaubrücke, wo sie am anderen Morgen durch Viehhirten, die durch seltsames Verhalten der Tiere aufmerksam wurden, gefunden wurden. Ritter Lutz von Landau ließ auf dieser Wiese, jenseits der Donau 1398 eine Kapelle mit 3 Altären errichten: Die Sakraments- oder Fronleichnamkapelle, die lange Zeit als Wallfahrtskapelle großen Zulauf hatte. Seit 1443 war sogar ein eigener Kaplan für die Kapelle und die Wallfahrt eingesetzt, der zugleich Schloßkaplan von Landau war. 1654 wird berichtet, dass ihre Einkünfte, die für einen Priester längst nicht ausreichten, den Pfarrern überlassen seien. Im Jahre 1735 entstand in Binzwangen eine „Bruderschaft zu Ehren des Altarsakraments.“ Die Bruderschaft hatte eine eigene Fahne. Diese war lange Zeit verschollen und wurde im Jahre 1916 auf der Bühne des Hauses der Familie Josef Selg in einem erbärmlichen Zustand entdeckt, konnte aber wieder restauriert werden und steht seitdem wieder in der Kirche von vorne gesehen an der hinteren linken Seite. Die Sakramentskapelle an der Donau blieb bestehen bis 1827. Die Bruderschaftsfahne zeigt die Gründungsgeschichte der Sakramentskapelle: Auf der einen Seite ist die alte Pfarrkirche mit dem Kirchenraub dargestellt und die Viehweide auf der Kapellenwiese, wie die Hirten die Hostien fanden. Aus den Wolken schleudert Gott Vater brennende Pfeile. Auf der anderen Fahnenseite scharen sich um die von Engeln umschwebte Monstranz die Verehrer des hl. Altarsakramentes (Papst, Kardinäle, Kaiser, Fürsten, etc.) und blicken nach oben. Das Wappen der damaligen Äbtissin des Klosters Heiligkreuztal, Josepha von Holzapfel, das sich am unteren Rand der Fahne befindet, weist auf die Stiftung der Fahne durch dieselbige hin. Ein Bruderschaftsbüchlein und eine Medaille sind noch im Besitz des Altertumsvereins Riedlingen.

Die Binzwanger Pfarrkirche von Westen 

Der neugotische Hochaltar (1853)